Mehr Selbstbewusstsein bei Insulinresistenz – Interview mit Nina Lizon

Wie steht es eigentlich um dein Selbstbewusstsein? Wenn es um die eigenen Bedürfnisse geht, haben viele Frauen Probleme damit, ebendiese zu kommunizieren. Im Umkehrungsprozess einer Insulinresistenz kommt es aber genau darauf an. Deshalb gibt es im In:Balance-Kurs auch ein eigenes Video dazu.

Im Interview spreche ich mit einer richtigen Expertin für Selbstbewusstsein darüber, wie man auch in schwierigen Situationen authentisch auftritt: Nina Lizon ist Coach für mehr Selbstbewusstsein und hilft ihren Coachees dabei, endlich Schluss zu machen mit der Vergleicheritis. Sie gibt dir auch ein paar praktische Tipps mit an die Hand, wie du im Familien- oder Partnerschaftssystem deine Grenzen setzen kannst, ohne laut oder aggressiv werden zu müssen.

Carla: In den Medien ist Dein Thema Selbstbewusstsein und Grenzen setzen ja ein Evergreen. Aber woran erkenne ich, dass ich über ein gesundes Selbstbewusstsein verfüge – nicht zu viel und nicht zu wenig? 

Nina: Einen Perspektivwechsel habe ich direkt vornweg, bevor ich die Frage sehr gerne beantworte, liebe Carla. In meiner Arbeit begreife ich Selbstbewusstsein im Wortsinn: „Sich seiner selbst bewusst zu sein“. Und da kann ich gar nicht genug Selbstbewusstsein haben. Es gibt meiner Ansicht nach also kein „zu viel“. 

Bei der Frage, ob ich ausreichend Selbstbewusstsein habe, um meine Wünsche und Bedürfnisse zu äußern und auch danach zu leben, gebe ich gerne einen Tipp mit auf den Weg: Beobachte doch einmal, wie oft das Wörtchen „eigentlich“ in deinem Leben vorkommt:

  • „Eigentlich hätte ich gerne etwas gesagt, aber ich habe mich nicht getraut.“
  • „Eigentlich würde ich mich gerne auf den tollen Job bewerben, aber ich befürchte, dass ich nicht gut genug bin.“
  • „Eigentlich würde ich gerne mehr Sport machen, aber ich habe keine Zeit.“
  • „Eigentlich würde ich meine Eltern gerne um mehr Verständnis bitten, aber sie würden mich sowieso nicht verstehen.“

Das Wörtchen „eigentlich“ ist ein guter Gradmesser für uns, ob wir an unserem Selbstbewusstsein arbeiten dürfen. Und hier schließt sich auch schon der Kreis zu meiner Definition am Anfang: Mehr Selbstbewusstsein bedeutet nicht automatisch, dass ich laut bin, dass ich meine Meinung vehement vertrete und meine Ansicht mit Ellbogen durchsetze. Selbstbewusstsein zeigt sich für andere nicht immer sofort im Außen. 

Selbstbewusstsein darf auch leise sein und zeigt sich vor allem erst einmal darin, dass ich in meinem Leben das tue und umsetze, was ich mir „eigentlich“ wünsche.

Carla: Was sind Deiner Erfahrung nach die häufigsten Faktoren, die ein gesundes Selbstbewusstsein verhindern? Gibt es da Themen, die sich bei Deinen Coachees wiederholen?

Nina: Ja, es gibt definitiv Themen, die immer wieder auftauchen, wenn es um fehlendes Selbstbewusstsein geht. 

Zum einen halten viele Menschen an vermeintlich unumstößlichen Überzeugungen fest: „Ich bin halt unordentlich, da kann ich einfach nichts machen.“ Oder: „Ich bin halt eher der schüchterne Typ, das war schon immer so.“ Ich lade immer dazu ein, alles „In-Stein-Gemeißelte“ einmal ganz offen in Frage zu stellen: Ist das wirklich so? Was, wenn das gar nicht wahr ist? 

Ein zweites großes Hindernis auf dem Weg zu mehr Selbstbewusstsein ist die Sorge, was andere denken könnten. Das entspringt dem ganz natürlichen Wunsch, dazuzugehören und angenommen zu werden. Insofern ist ein gesundes Maß hierbei vollkommen in Ordnung, Wenn ich jedoch merke, dass mich die Meinung oder die Erwartungen anderer immer wieder blockieren: Dann darf ich an meinem Selbstbewusstsein arbeiten. 

Der dritte große Bereich ist der Vergleich mit anderen. Gerade Frauen haben oft das Gefühl, nicht gut genug zu sein, noch mehr leisten zu müssen und im Vergleich mit anderen Frauen nicht zu bestehen. Der ständige Vergleich blockiert ungemein darin, ein gesundes und starkes Selbstbewusstsein aufzubauen. Es ist mir ein großes Anliegen, dass Frauen aus dieser Spirale des Vergleichs herauskommen. 

Insgesamt hat fehlendes Selbstbewusstsein immer damit zu tun, dass ich mich selbst noch nicht ausreichend kenne: Was sind meine Bedürfnisse? Welche Wünsche habe ich für mein Leben? Was sind meine Stärken und meine Fähigkeiten? Wovor habe ich Angst? Sich selbst besser kennenzulernen ist der erste wichtige Schritt auf dem Weg zu mehr Selbstbewusstsein.

Carla: Nimmst Du einen Unterschied wahr, wenn Du Männer oder Frauen coachst? Haben Frauen andere Probleme oder Sichtweisen auf ihr Selbstbewusstsein als Männer? Sind Frauen vielleicht grundsätzlich weniger selbstbewusst? Oder ist das nur ein Klischee?

Nina: Alle Menschen, die zu mir ins Coaching kommen, sind prinzipiell offen dafür, etwas an sich zu verändern und an sich zu arbeiten. Sowohl Männer als auch Frauen. Wer davon überzeugt ist, alles richtig zu machen und dass alle anderen Schuld sind an der Situation: So jemand kommt eher nicht von sich aus ins Coaching. 

Meine Hypothese ist, dass sowohl sehr viele Frauen als auch sehr viele Männer Probleme mit fehlendem Selbstbewusstsein haben. Wichtig: Mit fehlendem Selbstbewusstsein im Wortsinn, wie oben erläutert. Wir glauben bloß, dass Männer selbstbewusster sind, weil sie oft lauter und energischer ihre Meinung vertreten könne oder sie besser gegen Widerstände durchboxen. Das hat meiner Meinung nach aber noch nicht zwingend mit dem tiefen, inneren Gefühl von starkem und unerschütterlichem Selbstbewusstsein zu tun. Jeder Mensch trägt Ängste in sich und legt Verhaltensweisen an den Tag, die er oder sie sich manchmal selbst nicht erklären kann. Genau hier hinzuschauen, sich besser kennenzulernen und sich persönlich weiterzuentwickeln: Das ist meine Einladung. 

Carla: Viele meiner Kursteilnehmerinnen machen eine unangenehme Erfahrung: In ihrer Partnerschaft oder Familie werden sie nicht ausreichend dabei unterstützt Veränderungen vorzunehmen, die bei Insulinresistenz dringend notwendig sind. Manche fühlen sich regelrecht sabotiert. Wie können sie in nicht ganz optimalen Beziehungen ihre Grenzen neu abstecken, ohne dass sich die Partner oder Kinder vor den Kopf gestoßen fühlen?

Nina: Ich plädiere sehr stark dafür, in Konflikten nicht mit Vorwürfen zu arbeiten. Wichtig ist es, dass ich meine Bedürfnisse und Wünsche sowie meine Ängste und die damit verbundenen Emotionen formuliere und somit um Unterstützung werbe. Gleichzeitig darf ich offen für mein Gegenüber und seine Bedürfnisse sein, denn eventuell liegt die fehlende Unterstützung auch an der Angst vor Veränderung. Ich habe mal zwei Beispiele mitgebracht, die den Unterschied verdeutlichen:

  • „Nie unterstützt du mich! Immer muss ich meine Angelegenheiten ganz alleine schaffen. Und Verständnis bekomme ich auch nicht von dir. Dabei geht es mir eh schon so schlecht.“
  • „Ich verstehe, dass diese gravierenden Veränderungen für dich schwierig sind. Ich wünsche mir deine Unterstützung, denn für mich bedeuten diese Veränderungen einen riesigen Gewinn an Lebensqualität. Ich wünsche mir sehr, dass wir darüber sprechen und einen guten gemeinsamen Weg finden. Dabei interessieren mich auch sehr deine Bedenken und wie wir eine gute Lösung dafür finden.”

Hier sieht man sehr gut den deutlichen Unterschied. Das macht bereits sehr viel aus. Ein wichtiger Tipp dazu: Das Gespräch in einem ruhigen und harmonischen Moment suchen. Wenn bereits dicke Luft herrscht, dann wird ein Klärungsversuch eher keinen Erfolg haben. 

Wenn ich dennoch keine Unterstützung erfahre und die Situation sich nicht bessert, dann kann ich mir Hilfe holen (z.B. in Form eines Mediators oder Coaches). In jedem Falle plädiere ich dafür, die nötigen Veränderungen für mein Leben Step by Step umzusetzen. Wenn mein Partner mich liebt, dann wird er sich daran gewöhnen. Und dazu darf ich ihm auch Zeit lassen.  

Carla: Wenn jemand zu Dir ins Coaching kommt – wie gehst Du dann vor, um das Problem herauszuarbeiten? Nutzt Du dafür bestimmte Methoden?

Nina: Es gibt unzählige unterschiedliche Coaching-Tools und Coaching-Methoden, die alle ein Ziel haben: Wir identifizieren das grundlegende Thema und gehen der Sache wirklich auf den Grund. Das ist sehr wichtig, denn wenn ich nur an der Oberfläche kratze, wird sich nichts ändern.

Zudem zielen alle Methoden darauf ab, die Selbstwirksamkeit der Klientin zu stärken, denn als Coach bin ich stets der Überzeugung, dass meine Klientin die Lösung in sich trägt. Je nach Anliegen der Klientin arbeite ich mit ganz unterschiedlichen Methoden. Am wichtigsten für meine Arbeit ist Zuhören und die richtigen Fragen stellen.  

Carla: Was ist Deiner Meinung nach das Wichtigste, um selbstbewusster zu werden? Gibt es etwas, was wir alle sofort ändern können, um unsere Grenzen besser zu wahren?

Nina: Wenn es um die Wahrung von Grenzen und auch ums „Nein sagen“ geht, dann habe ich ein paar ganz konkrete Tipp parat:

  1. Sich Zeit nehmen und nicht unter Druck setzen lassen. Ich darf mir zuerst über meine eigenen Bedürfnisse Gedanken machen. Ist ein „Ja“ mit meinen Wünschen und meinem Weg vereinbar? Habe ich meine persönlichen Ziele noch im Blick und kann sie weiterhin verfolgen?
  2. Sich der eigenen Angst stellen: Was sind meine Bedenken, wenn ich Grenzen setze? Habe ich etwa Angst, abgelehnt zu werden? Angst, etwas zu versäumen? Angst vor Schuldgefühlen? Je klarer ich meine Angst benennen kann, umso eher kann ich sie überwinden.
  3. Sich selbst die Erlaubnis geben: Es ist okay, wenn ich mal nur an mich denke. Ich bin die einzige Person, die für mein eigenes Wohlbefinden verantwortlich ist. Ich kann mich nur dann gut um andere kümmern, wenn ich mich gut um mich selbst gekümmert habe. 
  4. Zu seiner Entscheidung stehen: Wenn ich nach gründlicher Überlegung eine Entscheidung getroffen und eine bestimmte Grenze gesetzt habe, dann ist der Moment gekommen, standhaft zu bleiben und mit mir selbst im Reinen zu sein.

Und mein wichtigster Tipp ist, dass wir geduldig mit uns sind. Es ist ein Prozess, bis wir gelernt haben, Grenzen zu setzen. Jeder kleine Schritt zählt.

Danke für das sehr informative Gespräch!

Hier findest du Ninas Webseite und hier ihren Instagram-Account für deine tägliche Dosis Selbstbewusstsein.

Fotos von Nina: Caroline Guth

Hey, ich bin Carla

Als ehemalige Führungskraft helfe ich Frauen, die aufgrund ihrer Insulinresistenz unter Übergewicht, Unfruchtbarkeit, Wechseljahresprobleme, Heißhunger und Blutzuckerschwankungen leiden, ihre Stoffwechselgesundheit in die Hand zu nehmen und sich endlich wieder wohl in ihrem Körper zu fühlen.

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Alle Rechte vorbehalten. Wichtiger Hinweis: Die hier bereitgestellten Informationen stellen keine medizinische Anwendung dar. Sie dürfen auch nicht als solche verstanden werden. Bei jeglichen Änderungswünschen bezüglich einer ärztlich vorgeschrieben Behandlung (bspw. Absetzen von Insulinsensitizern), muss der behandelnde Arzt konsultiert werden. In den hier veröffentlichten Beiträgen veröffentlicht Carla Langner ihre persönliche Meinung und eigene Erfahrung mit Insulinresistenz. Dies dient der Wissensvermittlung und ersetzt keinen Arztbesuch. Langfristig kann eine Gewicht nur durch eine gesunde, abwechslungsreiche Ernährung reduziert werden.

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